Montag, 4. Juni 2007

Der Schornsteinfeger war gerade wieder da. Ein Viertelstündchen hat er sich zum Zwecke der "Emissionsüberprüfung" im Keller am Brenner der Heizung zu schaffen gemacht, ein wenig gemessen und gerüttelt, fröhlich "alles in Ordnung!" verkündet und ist unter Zurücklassung einer Rechnung über 57 Euro 70 bereits zum nächsten Prüfling unterwegs. Er hat genau fünfzehn Minuten gebraucht. Unter der Voraussetzung, daß der Mann einen vernünftigen Tourenplan aufgestellt hat, der ihm das effiziente Abarbeiten seines "Kehrbezirks" erlaubt, wird er auf drei Prüflinge pro Stunde kommen. Was bedeutet, das der § 39 der seit 1869 in Kraft befindlichen Gewerbeordnung, die am 13. April 1935 um die "Verordnung über das Schornsteinfegerwesen" erweitert wurde, dem guten Mann heute einen Stundensatz von gut 170 Euro verschafft.

Das unumschränkte Recht des Schornsteinfegers, sich notfalls unter Zuhilfenahme von polizeilicher Gewalt Zutritt zur Wohnung zu verschaffen, ist nicht der einzige, wohl aber der krasseste Punkt auf der Liste gesetzlicher Absonderlichkeiten, die irgendwann einmal erlassen und bis heute nie wieder aufgehoben wurden. Bedenkt man, daß damit dem Staat mittelbar ein ziemlich umfassendes Überwachungsinstrument in die Hand gegeben ist, warte ich nun ungeduldig auf den Tag, an dem Innenminister Schäuble die - übrigens auch von der EU geforderte - Aufhebung dieses grundgesetzwidrigen Unsinns mit dem Hinweis auf die "Terrorgefahr" auf den St. Nimmerleinstag verschiebt.


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Das stammt, würde ich sagen, noch aus der Zeit, als die Brandbekämpfung in den Städten noch Sicherheitspriorität Nummer Eins war (und nicht wie heute die bösen Terroristen udn Kinderschänder) und sich entzündender loser Ruß in den Schornsteinen ein häufiger Grund für Brände war.

Auch damals wurden schon individuelle Interessen dem gefühlten 'Gemeinwohl' geopfert.

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Ärgerlich nur, daß solche Relikte aus Epochen, in denen die Rechte des Individuums nicht sonderlich hoch im Kurs standen, alle Zeitläufte nahezu unberührt überstanden haben.

Da blitzt manchmal noch heute das Monokel von Thomas Manns "General Dr. von Staat" auf.

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Gesetze einführen ist leicht. Gesetze abschaffen wesentlich weniger.-

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Mein langjähriges Lieblingsbeispiel ist ja nach wie vor die Sektsteuer, die 1917 zur Finanzierung der Kaiserlichen Marine eingeführt wurde. Die Marine Seiner Majestät ist schon lang nicht mehr, aber die Sektsteuer, die lebt!

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Davon gibt es noch etliche. Eine mir bekannte Sphinx beruft sich gerne auf Paragraphen im BGB, die nur für Imker gelten, die einen Bienenschwarm beim Schwärmen verfolgen, um die amüsanteren Seiten der deutschen Rechtssprechung aufzuzeigen.-

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