Freitag, 29. Juni 2007

Vor einigen Jahren war ich mit ein paar Freunden zu Gast in einem Restaurant, dessen Koch die Kunst der Gaumenfreude zu olympischen Höhen veredelte (und diese Qualität vom Michelin auch mit zwei Sternen vergütet bekam. Was etwas heißen soll. Wenn der G.M. auch nicht als Hotelführer taugt, als hilfreiches Vademecum zu Oasen der gepflegten Freßlust dient er allemal). Der Mann war imstande, Gerichte derart herzurichten, daß ich sogar Dinge bei ihm aß, die ich sonst mit Abscheu von mir wies. Tauben zum Beispiel. Seine Tauben waren grundgut, ohne viel Chichi und rissen mich wirklich vom Stuhl. Meine Begeisterung nahm er huldvoll als ihm zustehenden Tribut entgegen.

Was er überhaupt nicht vertrug, waren Raucher. Einer aus unserer Runde quarzte, daß es Gott erbarmte, und von diesem Brauch gedachte er auch im Restaurant durchaus nicht zu lassen. Eine "Zwischenzigarette" vor dem nächsten Gang könne man ihm unmöglich versagen. Also dampfte er los. Er hatte noch keine zwei Züge getan, als der Koch wie aus dem Boden gewachsen neben unserem Tisch stand und empört verkündete, daß sich die Wartezeit nunmehr auf eine Dreiviertelstunde erhöht hätte. Schließlich würde er sich in seiner Küche nicht mühen, uns zu höchsten Genüssen zu verhelfen, wenn wir unsere Zungen gleichzeitig mit gräßlichem Nikotin betäubten. Dabei fixierter er mit ebenso augenrollender und wie wirkungsvoller Strenge unseren rauchenden Freund, der umgehend und gehorsam sein Brandopfer beendete (wir anderen hatten allerdings auch augengerollt). Der Rest des Abends verlief rauchfrei – und in angemessener Geschwindigkeit.

Die heutigen Nachrichten wird der Maître mit einiger Befriedigung zur Kenntnis genommen haben: Der "Verband der Cigarettenindustrie" löst sich auf. Kein Lobbyarbeit mehr für tödlichen, übelriechenden Qualm, keine Tabaksjünger, die Abgeordneten auf dem Schoß sitzen und ihnen Verwaltungs- und Ministerialvorlagen einblasen.

Vielleicht aber hat sich der Verband auch nur wegen anhaltenden Erfolges aufgelöst. Trotz Warnhinweisen auf Zigarettenschachteln und demnächstigen Rauchverbotes ist der Zigarettenkosum weiter gestiegen. Vielleicht gehen die Dampfermannen auch nur in weitsichtiger Erwartung weiterer Maßnahmen gegen das qualmende Übel rechtzeitig und vorsorglich in den Untergrund.

Achten Sie auf qualmende Gullis!


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Ich habe es nicht so detailliert verfolgt, aber Hintergrund ist wohl Uneinigkeit im Verband gewesen, wie man den zunehmenden politischen Sanktionen (Steuerschraube, Rauchverbote etc.) begegnen soll. Marktführer Philip Morris hat sich anders als die Konkurrenten dazu entschlossen, öffentlich ja und amen zu sagen und die Dinge so zu nehmen wie sie kommen. Was nicht nur mich sehr verwundert hat. Eigentlich kann ich mir nicht vorstellen, dass der Qualmwaren-Marktführer darauf verzichtet, die Politik lobbyistisch zu bearbeiten. Ich fürchte, man hat effektivere Wege gefunden als so einen Verband. Ob das ein Grund zum Frohlocken ist, das weiß ich wirklich nicht.

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Darf man fragen, welcher Koch/ welches Restaurant das war? Ists möglich, dass der Mann jetzt 3 Michelins hat? Oder fährt der Kölner tatsächlich nach Düsseldorf um zu essen?

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Ein Grund zum Frohlocken ist es sicher nicht, verehrter mark793, drum auch der Verweis auf den Untergrund. Natürlich wird die Tabaklobby auch weiterhin über Leichen gehen, in welchem Gewand auch immer.

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Auch ein Kölner findet seinen Weg nach Düsseldorf, lieber gorillaschnitzel, wenn es gilt, Jean-Claude Bourgueil in seinem Schiffchen einen Besuch abzustatten. Der aber hat drei Sterne, wohingegen der von mir erwähnte Zweisternekoch leider nicht mehr für die zahlende Plebs köchelt, sondern als VW-Vorstandskoch als Zwischengang für Hartz-Puffbesuche engagiert worden ist.

Dennoch: Nils Potthast war in seinen Zeiten im Landhaus Ville in Pulheim-Dansweiler ein gern aufgesuchter Koch, seine Bluttauben suchen m.E. bis heute ihresgleichen.

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Jean-Claude wurde jetzt auf 2 degradiert...

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