Eine der prägenden Erinnerungen meiner Kinderzeit war von Anfang an Großmutters pommersche Spickgans, ein Rezept, das sie 1945 aus der alten Heimat mit ins Rheinland gebracht hat. Auch wenn in diversen Kühltheken "Gänsebrust" das ganze Jahr über zu bekommen ist – richtig traditionell ist das nicht. Die echte Spickgans gibt's nur an Weihnachten, sie wird nach alter Sitte beim Frühstück am Morgen des Ersten Weihnachtfeiertages angeschnitten. Bis es soweit ist, muß allerdings einiges vorbereitet werden. Daher wunschgemäß hier eine Anleitung, wie es geht:
Anfang Dezember holt man sich beim Geflügelhändler oder Metzger seines Vertrauens frische Gänsebrüste. Die werden in der Regel noch am Knochen geliefert, sodaß der erste Arbeitsgang darin besteht, das Fleisch vom Knochgerüst zu lösen. Dabei sind genaue Kenntnisse der Gänseanatomie ziemlich hilfreich, man darf unter keinen Umständen beim Ablösen die Haut direkt über dem Bug einschneiden. Ds ganze ist eine ziemliche Fisselei, ungeübte Chirurgen schneiden sich dabei gerne in die Finger, also Obacht.
Aus den übriggebliebenen Knochen kann übrigens eine wunderbarer Geflügel-/Gänsefond hergestellt werden.
Danach muß das Fleisch von Sehnen und noch vorhandenen Blutaderresten befreit werden, damit es beste Filetqualität erreicht.
Nun werden die daliegenden Fleischhälften jeweils mit einer Mischung aus Salz (1 EL), Zucker (TL) und ein wenig Salpeter bestreut und anschließend zugeklappt.
Jetzt ist Näh- und Kunstfertigkeit gefragt, die außen liegenden Kanten der Gänsehaut müssen von vorne bis hinten so zugenäht werden, das kein Fleisch mehr zu sehen ist. Anschließend noch eine Öse zum Aufhängen anbringen.
Jetzt sind die Gänsebrüste bereit für den nächsten Arbeitsgang, das Pökeln. Dazu stellt man eine Lake aus ½ bis ¾ l Wasser und der gleichen Menge Salz, Zucker und Salpeter wie zur Einstreu her und legt das Fleisch 6-7 Tage derart in die Flüssigkeit, daß alles gut bedeckt ist.
Vor dem letzten Akt müssen sie noch ein bißchen trocknen, dafür hängt man sie am besten an einem Stock auf (die Ösen!) und läßt sie abtropfen, danach kommen sie dann zum Räuchern.
Das ist ein bißchen schwierig, es ist nicht ganz leicht, jemanden zu finden, der noch selber räuchert, manche Metzger oder Bauern mit eigener Schlachtung machen das aber noch. Was jetzt wichtig ist: die Gänsebrüste müssen für ca 1 Woche kalt geräuchert werden, d.h., hoch im Schornstein hängen. Ansonsten wird es dem Fleisch und vor allem dem umgebenden Fett der Haut zu warm und man erhält nur noch traurig-faltige Lappen wieder, die aussehen wie eine kampferprobte Solariumbesucherin nach 20 Jahren. Den besten Geschmack erreicht man übrigens mit Buchenholz.
Jetzt muß es nur noch Weihnachten werden, dann werden dicke (!) Scheiben von der herrlich und betörend duftenden Spickgans heruntergeschnitten und auf ein mit Gänseschmalz bestrichenes Brötchen drapiert (wer schwache Zähne hat, kann das Fleisch vorher noch würfeln) – der Genuß kann beginnen. Es ist eine meiner liebsten Kindheitserinnerungen und eine Köstlichkeit, die auch die verwöhntesten Leckermäulchen die Augen verdrehen und um Nachschlag bitten läßt.
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PS: Ich bitte übrigens, die Qualität (oder den Mangel an derselben) der Bilder zu entschuldigen. Ich hatte da nur ein uraltes dampfbetriebendes und nicht gerade HDR-fähiges Sparmodell zur Hand.
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Und kleiner Tipp: Es war jemand, der bei mir auf der Blogroll steht. Und da ist nur ein einziger Prominenter verlinkt... ;-)
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Ich glaub, das teste ich nächstes Jahr mal....
Vielen Dank für die ausführliche Erläuterung...
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