Montag, 18. September 2006
Die NPD – ein bleibendes Phänomen

Jetzt machen sie wieder lange Gesichter und unken den Untergang des Abendlands herbei, unsere Politiker von den gerupften Volks- und sonstig etablierten Parteien. Der Grund? Die braunen Schmuddelkinder der NPD haben wiederum den Sprung in einen Landtag geschafft, in insgesamt drei Landesparlamenten sitzen nun Parteien, denen die Treue zur Bundesrepublik nicht besonders wichtig ist.

Um es gleich festzustellen: die Wahrscheinlichkeit, daß sich die NPD diesmal im parlamentarischen System festsetzt und zur dauerhaften Größe wird, ist sehr groß. Daran ändert auch die Vielzahl der Protestwähler nichts, die beim nächsten Aufschwung, so hoffen es die Etablierten, wieder brav ihr Kreuzchen bei den "anständigen" Parteien machen werden. Man denkt dabei an die Zeit Ende der 60er Jahre, als im Gefolge einer (vergleichsweise harmlosen) Wirtschaftskrise und gleichzeitigen Großen Koalition die Braunen schon einmal zum Schrecken vieler in diverse Landtage einzogen.

Doch damals existierten die bindenden Milieus der Volksparteien noch ziemlich unangetastet, und die damaligen Protestwähler kehrten nach ihrem Ausflug ins Denkzettelwählen wieder schnell ins vertraute Umfeld zurück. Davon wird heute nicht mehr die Rede sein können. Die traditionellen Milieus der Arbeiter, der Bürgerlichen usw. sind mittlerweile soweit zerfallen, daß sie teilweise nicht einmal die Hälfte der Wahlbevölkerung mehr hinter sich bringen können. Die Große Koalition ist eine weitere Ursache der Wählerenttäuschung: als Tiger gesprungen, ist sie als Bettvorleger gelandet und läßt den verunsicherten Bürger mit der Frage zurück, wer es denn sonst noch schaffen soll.

Gleichzeitig haben sich die Braunen in den letzten Jahren sorgfältig und voller Umsicht ein tragendes Netzwerk aus kommunaler Verankerung geschaffen, vor Ort treten sie als die netten Bürger von nebenan auf, und nur noch selten tritt der beglatzte Bürgerschreck in Aktion, auch wenn das gewalttätige Potential der NPD-Anhängerschaft durch die Integration der sog. "Freien Kameradschaften" eher gewachsen sein dürfte.

Und im Unterschied zur zarten Wirtschaftskrise 1966ff., die damals Ludwig Ehrhard die Kanzlerschaft kostete, sind die Zustände an den geografischen Rändern der Republik wirklich zum Verzweifeln. Im Osten Vorpommerns, wo die NPD am stärksten abschnitt, ist jeder Dritte ohne Arbeit, die Klugen und Beweglichen sehen zu, daß sie wegkommen und lassen einen demoralisierten Rest zurück. Vielerorts war überhaupt nur noch die NPD aktiv, von den anderen Parteien gab es teilweise nicht einmal mehr Plakate zu sehen.

Das bedeutet, daß die Etablierten mit ihrer Taktik des Totschweigens nicht mehr weitermachen können. Im Gegenteil, sie müssen offensiv die Auseinandersetzung mit dem Gegner suchen und durch Argumentation und sachliche Aufklärung zur Entzauberung der selbsternannten toitschen Volkserretter beitragen. Daß man Populisten auf diese Weise beikommen kann, zeigt das desaströse Abschneiden der PDS in Berlin.

Allerdings: die NPD wird bleiben. Es ist ein Kennzeichen vieler parlamentarischer Demokratien, daß sie einen mehr oder weniger stabilen rechtsextremen Wählerblock aufweisen. Das mag ärgerlich sein, ist aber nicht das Ende der Demokratie.

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Wahrheit im Thesaurus? "Kanzlerschaft" nicht im Wörterbuch, Vorschlag zur Ersetzung:

"Kanzlerschuft".

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