Stadtsanierung sah in Köln seit jeher so aus: Da wird entkernt, bereinigt, bis auf den heutigen Tag noch die "autogerechte Stadt" herbeigebombt, durch die gewachsene Stadtsubstanz werden mehrspurige Trassen gesägt, man lernt aus den Fehlern der Vergangenheit nicht, und in den letzten Jahrzehnten hat man derer viele aneinandergereiht und aufgetürmt.
Einer von diesen und nicht der Geringste ist der U-Bahnbau, wenn man in Köln überhaupt von U-Bahn reden kann, eigentlich handelt es sich in Wahrheit um eine beerdigte Straßenbahn. Damals in den Sechzigerjahren, war das die billigste Variante; jeder Linie ein eigenes Gleis, einen eigenen Tunnel zu geben, würde zwar heute den täglichen Verkehrszusammenbruch in den städtischen Eingeweiden verhindern, aber man war eben sparsam. Nur in Köln aber kann man auf die Idee kommen, auch im Jahr 2006 nach einem Konzept, das schon vor 40 Jahren veraltet war, mitten durch das Stadtzentrum eine unterirdische Strecke zu bauen, mit Haltestellen, die teilweise näher aneinander zu liegen scheinen als die Züge lang sind. Und demgemäß den eigentlich störungsfreien Bau im Schildvortrieb zu einem Desaster an der Oberfläche werden lassen, denn da muß dann eben doch ausgeschachtet, verkabelt undwasweißich werden. Mit einer solchen Aktion hat man hierzustadt vor Jahren schon einmal eine große Einkaufsstraße zu Tode beruhigt, denn Kunden lieben es nicht, unter Planen, über wacklige Stege und durch lärmende Bagger das Geschäft ihrer Wahl aufzusuchen, und so handhaben sie es jetzt schon wieder. Die Verkehrsbetriebe lassen die kleinen Geschäftsleute im Regen stehen, zugesagte Hilfen fließen spärlich oder gar nicht, und nicht einmal die billigen Ramschläden, die letzten Aasfresser am sterbenden Körper der Straße, halten sich noch, wo noch vor 20 Jahren das Epizentrum kölscher Eigenart war.
Noch über Jahre wird das so weitergehen, der Dreck, der Lärm, die Pleiten, und ein ganzes Viertel geht vor die Hunde und das mitanzusehen tut mir weh, der ich in diesem Viertel geboren bin und dort so lange gewohnt habe. Von den alten Ladeninhabern sind kaum ein Dutzend noch übrig und sie sind kurz vor der Resignation.
Die Kunsthistoriker haben für die Zerstörungen, die Köln im letzten Jahrhundert erlitten hat, die Faustregel "zwei Fünftel Krieg, drei Fünftel Wirtschaftswunder". Das Wirtschaftswunder ist schon lange vorbei, nur die Zerstörungen gehen weiter, mutwillig wird Schindluder getrieben von einer geschichtsvergessenen und kurzsichtigen Kirchturmkamarilla, der bei allen verlogenen Lippenbekenntnissen zur Stadt und ihrer Kultur doch nur ihre Pöstchen und Geschäftchen wichtig sind.
Und so ist Köln nur der Spiegel von Ereignissen im Kleinen, die woanders größer, aber nach denselben Regeln ablaufen.
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