Sonntag, 9. Juli 2017
Nach dem Ende
Noch eine Nachbemerkung zu Sieferles "Finis Germania", nach dessen stattgehabter Lektüre ich zwar einigen der von ihm dargebotenen Thesen nicht zu folgen, aber auch die vom deutschen Haltungsjournalismus verhängte Verdammung als "völkisch" und "antisemitisch" nicht nachzuvollziehen vermag.
Seine These, die Allierten hätten den Deutschen 1945f. gewissermaßen zu Unrecht den Mythos eingeflößt, die deutsche Gesellschaft habe im 19. und 20. Jahrhundert an einem fundamentalen Makel gelitten, nämlich dem Gedanken eines deutschen Sonderweges zwischen Ost und West, halte ich für falsch. Denn es ist ja so, daß diese Vorstellung keineswegs ein Konstrukt alliierter Umerziehung ist, sondern tatsächlich einen zwischenzeitlich sehr lebendigen Strang im deutschen Geistesleben dieser Zeit beschreibt. Es gab tatsächlich die Formulierung des deutschen Wesens, das zwischen dem "asiatischen Osten" und dem dekadenten Westen stehe, deutsches Gemüt gegen westliche "Asphaltzivilisation"; eine These, die später zumal von den Nationalsozialisten aufgenommen wurde und ein Kernelement ihrer Propaganda bildete.

Inzwischen hat sich die "New York Times" auf durchaus unaufgeregte Weise des Büchleins angenommen und widmet ihm eine Besprechung, weit entfernt vom Inquisitions-Furor hiesiger Qualitätsmedien. Darin wird u.a. auf einen Aspekt der Angelegenheit verwiesen, der deutsche Groß- und Edelfedern seid einigen Jahren zunehmend betrübt: je bedeutender sie sich gerieren, desto stärker nimmt ihre Bedeutung ab. Das Publikum ist inzwischen weit davon entfernt, sich Verdikt und Anathema aus dem Feuilleton, dem verordneten Kollektivismus brav zu fügen. Im Gegenteil, die Brandmarkung war den Leser klare Kaufempfehlung. Bei Amazon stand Sieferles Werk zwischenzeitlich auf Platz eins der Buchverkäufe, bis der Verleger nicht mehr mit dem Drucken nachkam.

Die NYT resümiert:

"When the German literary establishment unanimously denounced Mr. Sieferle’s work as an extremist tract, readers did not nod in agreement. They pulled out their wallets and said, ‚That must be the book for me.’ This is a sign that distrust of authority in Germany has reached worrisome levels, possibly American ones."




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