Mittwoch, 4. März 2009

ie Vernichtung des Historischen Archivs der Stadt Köln, des größten und wertvollsten nördlich der Alpen: Was den Landsknechten im Dreißigjährigen Krieg nicht gelungen ist, nicht der napoleonischen Besatzung, nicht einmal den mehr als 250 Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg, das haben die Kölner Verkehrsbetriebe geschafft.

Ein unfaßlicher Verlust. Wenn ich daran denke, wie ich während meines Studiums im Archiv die mittelalterlichen Schreinsbücher einsehen konnte, die nun wohl sämtlich zerstört sind, bin ich doppelt froh darum, das alles noch gesehen und berührt zu haben.

So habe ich das letzte Mal gefühlt, als ich 1997 vom Erdbeben in Assisi, den vier Todesopfern und der Zerstörung der Giotto- und Cimabue-Fresken hörte, die mir während mehrerer Besuche in der Stadt ans Herz gewachsen waren.

Für uns Kölner markiert dieser Einsturz nur einen weiteren Tiefpunkt in der unsäglichen und gefühlt niemals enden wollenden Geschichte vom Kölner U-Bahn-Bau, der ganze Stadtviertel über Jahre in dreck- und lärmzerwühlte Baustellen verwandelt, zahllose Einzelhändler in die Pleite treibt und mittlerweile in guter kölscher Tradition mit gut einer Milliarde Euro bald das Doppelte der ursprünglich veranschlagten Summe kosten wird. Und nicht das unwichtigste Detail am Rande: der ehemalige Archiv-Abteilungsleiter, der schon vor einem Jahr auf Risse im Kellerfundament hingeweisen hatte, ohne daß die zuständigen Stellen in der Stadtverwaltung sich deshalb zu besonderen Schritten bemüßigt gefühlt hätten. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte sich der Gebäudesturz nur eine Woche früher ereignet, als sich der Rosenmontagszug durch die Stadt und auch die Severinstraße feierte.

Im Grunde führt die Domstadt eine 1945 begonnene Bautradition fort, die Kunstgeschichtler mit Blick auf die Zerstörung gewachsener Baustrukturen schon seit langem mit der Faustregel "zwei Fünftel Krieg, drei Fünftel Wirtschaftswunder" zu umschreiben pflegen.



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Dienstag, 3. März 2009

as Bundesverfassungsgericht tut erneut seine Arbeit und hat heute die bisher in Deutschland eingesetzten Wahlcomputer verboten. Die bisher zum Einsatz gekommen Maschinen der Firma Nedap waren weder vor Manipulationsversuchen (vulgo Fälschungen) sicher, noch war die lückenlose Transparenz und Nachprüfbarkeit der Wahlergebnisse möglich. Was bedeutet, daß wir dieses Jahr wieder mit Kugelschreiber und Zettel wählen werden.

Es fällt auf, daß in den letzten Jahren so eine Art unseliger Arbeitsteilung vorzuliegen scheint. Eine Opposition findet in den Parlamenten nicht mehr statt. Es werden die krudesten und absurdesten Überwachungs- und Entrechtungsgesetze beschlossen, danach kommt in schöner Regelmäßigkeit das Bundesverfassungsgericht, das diese Gesetze wieder einkassiert (wie erst unlängst das unsägliche bayerische Versammlungsgesetz) und den Regierenden zum x-ten Mal das Grundgesetz erklärt. Das ist ein ziemlich fahrlässiger Umgang der Politiker mit dem Fundament unseres Staatswesens, wenn sie sich wie pubertierende Kinder aufführen und im Grunde nur "austesten, wie weit man gehen kann".

Ein Trauerspiel.



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Montag, 2. März 2009

ei aller Sympathie für das Haus an der Hamburger Brandstwiete: wenn Dirk Kurbjuweit, der Leiter des Hauptstadtbüros des "Spiegel", auf die Frage "Welche Website können Sie empfehlen?" zur Antwort gibt:

"Ich bin so gut wie gar nicht im Netz unterwegs und kann deshalb keine Website empfehlen."

…dann ist das ein journalistischer Offenbarungseid erster Klasse. Realitätsverweigerung kann nicht Grundlage eines Zeitungsmachers ein.

Aber was weiß denn ich schon…



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Sonntag, 1. März 2009

ch ja...

Frühling* läßt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab ich vernommen!


Kurzum, die Drüsen arbeiten wieder.


* meteorologisch, natürlich.



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Donnerstag, 26. Februar 2009

lle regen sich gerade dermaßen über Roland Koch, Edmund Stoiber und sonstige Bösmenschen auf, die dem ZDF-Brender aus durchsichtigstem Parteiproporz & gegen den Willen seiner tapferen Getreuen ans berufliche Leder wollen.

Würde öffentlich-rechtlicher Rundfunk plus TV mittlerweile nicht so irrelevant sein, man könnte sich darüber wirklich aufregen.


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Samstag, 21. Februar 2009

er JU-Häuptling Philipp Mißfelder beschimpft Hartz-IV-Empfänger (unverschuldet dahinein geraten), zumal solche mit Kindern, als nikotinsüchtige Alkoholiker? Und er schämt sich dieses 10-Meter-Sprunges in den Fettnapf noch nicht einmal?

Der Mann wird es in der CDU noch weit bringen.

Diesen Umstand kann man den Unionsanhängern (unverschuldet dahinein geraten?) gar nicht oft genug unter die Nase reiben.


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Montag, 16. Februar 2009

nd was mir am Wochenende wirklich, wirklich auf den Nerv gegangen ist, war die Nachricht von der Rückkehr des Babybooms nach Deutschland. Keine Zeitung ohne Heißa, im Fernsehen klingt's wie einstmals in der DDR zur "Aktuellen Kamera" mit ihren Siegesmeldungen von der Ernteschlacht. 12.000 Kinderlein per annum mehr als im Vorjahr! Mit Tränen in den Augen sinken wir nieder und schluchzen voller Dankbarkeit "ach, Ursula…".

Natürlich gibt es dafür, bei Licht besehen, nicht die Spur einer Veranlassung, kein Grund für staatstragenden Jubel. Ein paar Tausend Kinder mehr im Jahr 2007 (aber genausoviele wie 2005) bei einer Bevölkerung von über 80 Millionen? Das soll ein Erfolg sein? Wenn man die statistischen Effekte herausrechnet, die die geburtenstarken Jahrgänge der 60er Jahre auch noch auf die Enkelgeneration haben, bleibt nicht einmal von der allseits bejubelten, in Wahrheit aber erbärmlichen Zahl etwas übrig. Und wenn uns nicht die liebesgeburtenstärkeren Zuwanderer unter die Arme griffen, sähe es an der Heimatfront noch dusterer aus.

Bleibt die Erkenntnis, daß man Kinder nicht kaufen kann. Schon gar nicht, wenn es den potentiellen Eltern vorne und hinten an Geld und Betreuungsmöglichkeiten mangelt.



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eues zum Thema "Sie sind nicht nur Idioten, sie regieren uns auch noch":

Über Ursula von der Leyens Pläne zu Internetsperre gegen gräßliche Pädophilenseiten ist ja schon allerorten das Notwendige gesagt worden: daß es technisch nicht funktioniert. Daß es eine Zensurautomatik installiert, über die sich morgen dann auch Musikindustrie und sonstige Rechteinhaber herzlich freuen werden. Daß den Verantwortlichen die eigentliche Bekämpfung krimineller Umtriebe nicht sonderlich am Herzen zu liegen scheint, ansonsten würde man nämlich etwas von der Einstellung zusätzlicher, speziell geschulter Polizisten und Staatsanwälte hören, von der verstärkten Verfolgung der Anbieter krimineller Inhalte ebenso wie deren "Kundschaft".

Aber was dann tatsächlich wie der Punkt überm "i" wirkt, ist der geplante Vertrag zwischen dem BKA und den Serviceprovidern (hier CCC sei Dank nachzulesen, Pdf). Abgesehen vom vertrauenserweckenden Umstand, daß die ISPs die Sperrlisten geheimhalten müssen, findet sich im Entwurf eine wunderschöne Stilblüte. Die Sperrlisten verschickt das BKA nämlich nur "an Tagen, an denen Dienstverpflichtung besteht". Zu gut Deutsch: Am Wochenende gibt's nichts.

Wie gut, daß das Internet die Bürozeiten einhält und Samstag/Sonntag zu hat. Auch für Pädophile.



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