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Donnerstag, 2. März 2006
Ascherdonnerstag oder: vom Nichtraucher zum Raucher und retour
maternus, 15:40h
Als ich noch ein junger Mensch war, wohnte ich einst in Rom. Das ist eine schöne Stadt, die neben vielen Vorzügen den Nachteil aufweist, außerordentlich teuer zu sein (das ist in den letzten Jahren nicht besser geworden).
So sehr meine Sippe den bildungstechnischen Aspekt eines Italienaufenthaltes bejahte und benickte, so wenig war sie bereit, sich an der finanziellen Linderung meiner alltäglichen Nöte zu beteiligen. "Da sieh du mal selbst zu!" sprach der Familienrat und recht tat er daran. Wurde ich doch auf diese Weise mit Zwang an die Notwendigkeit des täglichen Broterwerbs herangeführt. Ich begrüßte dies natürlich keineswegs, wurden doch so meine Boheme-Träume von unter italischer Sonne in güld'nem Wein nutzlos dahingelebten Stunden grausam zerstört.
Nun hatte es ein vorausschauendes Schicksal eingerichtet, daß ich mich unter anderem dem Studium der Kunstgeschichte hingab, wodurch ich mich in die angenehme Lage versetzt sah, auch über das scheinbar uninteressanteste Steinchen noch Geschichten von homerischer Wucht erzählen zu können, und an ereignisträchtigen Steinen und Steinchen herrscht in Rom bekanntlich kein Mangel. Was lag näher, als diese Voraussetzungen mit meiner Lust, über mich interessierende Dinge zu fabulieren, auf das profitabelste zu verbinden?
Ich wurde also Fremdenführer. Und zwar einer, der seiner Profession mit allem gebotenem Ernst nachging. Schon meine ersten Gehversuche waren dahingehend erfolgreich, als daß sie äußerst lukrativ endeten und ich mich dieserhalb in die Lage versetzt sah, einem lange im Geheimen gehegten Wunsch nachgeben zu können, an dessen Verwirklichung mich bisher der schmerzliche Mangel an soldini gehindert hatte.
Bereits ein ganze Zeit trug ich mich nämlich mit dem Vorhaben, endlich auch ein äußeres Symbol der Manneswürde, der ich mich nun teilhaftig sah, zu erwerben. Als solches hatte ich ein Tabakspfeife erkoren, denn diese tritt gemeinhin in Begleitung männlich-reifer Personen auf, die diesen Status nicht selten auch durch korrespondierende Haar- und Barttracht zu unterstreichen wissen. Zwar gebrach es mir zur damaligen Zeit noch an allen entsprechenden Voraussetzungen, was mir aber den Erwerb zumindest des Symbols um so dringlicher angeraten sein ließ. Stolz betrat ich also einen altehrwürdigen tabacchaio und nannte nach kurzer Zeit eine anmutig geschwungene Pfeife sowie entsprechendes und wohlduftendes Füllgut mein eigen, wiewohl ich bis zu diesem Tage noch kein einziges Mal dem Tabakgenuß gefrönt hatte.
Einige Zeit später nahte die Fastenzeit und ich überlegte als treuer Student der heiligen Theologie, der ich im Hauptfach nachging, mit welchem Fastenopfer ich denn dieses Jahr dem Herrn wohlgefällig erscheinen mochte. Ein Blick auf die geliebte Pfeife und der Entschluß stand fest: sechs Wochen wirst du daran keinen Zug mehr tun. Ein großes Opfer, waren doch Gebrauch und Genuß noch neu und daher von allergrößtem Reiz.
Der Aschermittwoch kam und ich tat die Pfeife ab und stürzte mich in Enthaltsamkeit. Jedoch hatte ich die vorangegangenen Wochen so sehr geraucht und gedampft, daß der plötzliche Entzug zu unerfreulichen Erscheinungen führte und ich überlegte, wie ich Abhilfe leisten könnte, ohne das mir selbst auferlegte Fastenopfer zu entwerten. Und so kam ich dazu, Zigaretten zu rauchen, ein Laster, dem ich mich bis dahin turmhoch überlegen gefühlt hatte, von dem ich aber meinte, es wäre geradeso noch hinnehmbar.
So wurde ich am Donnerstag nach Aschermittwoch – also heute - vor 20 Jahren zum gewöhnlichen Raucher und verqualmte seither eine Schachtel täglich und nicht selten auch noch mehr. Und hielt es so bis... ja, bis zum Silvestertag vor zwei Monaten. Denn da sagte ich mir: Es kann nicht sein, daß ein Mensch wie du, dem ein gewisses Maß an Intelligenz nicht abgesprochen werden kann, sich zum sklavischen Opfer des Tabaks machen läßt.
Und habe noch zur Stunde ganz einfach aufgehört zu rauchen.
So sehr meine Sippe den bildungstechnischen Aspekt eines Italienaufenthaltes bejahte und benickte, so wenig war sie bereit, sich an der finanziellen Linderung meiner alltäglichen Nöte zu beteiligen. "Da sieh du mal selbst zu!" sprach der Familienrat und recht tat er daran. Wurde ich doch auf diese Weise mit Zwang an die Notwendigkeit des täglichen Broterwerbs herangeführt. Ich begrüßte dies natürlich keineswegs, wurden doch so meine Boheme-Träume von unter italischer Sonne in güld'nem Wein nutzlos dahingelebten Stunden grausam zerstört.
Nun hatte es ein vorausschauendes Schicksal eingerichtet, daß ich mich unter anderem dem Studium der Kunstgeschichte hingab, wodurch ich mich in die angenehme Lage versetzt sah, auch über das scheinbar uninteressanteste Steinchen noch Geschichten von homerischer Wucht erzählen zu können, und an ereignisträchtigen Steinen und Steinchen herrscht in Rom bekanntlich kein Mangel. Was lag näher, als diese Voraussetzungen mit meiner Lust, über mich interessierende Dinge zu fabulieren, auf das profitabelste zu verbinden?
Ich wurde also Fremdenführer. Und zwar einer, der seiner Profession mit allem gebotenem Ernst nachging. Schon meine ersten Gehversuche waren dahingehend erfolgreich, als daß sie äußerst lukrativ endeten und ich mich dieserhalb in die Lage versetzt sah, einem lange im Geheimen gehegten Wunsch nachgeben zu können, an dessen Verwirklichung mich bisher der schmerzliche Mangel an soldini gehindert hatte.
Bereits ein ganze Zeit trug ich mich nämlich mit dem Vorhaben, endlich auch ein äußeres Symbol der Manneswürde, der ich mich nun teilhaftig sah, zu erwerben. Als solches hatte ich ein Tabakspfeife erkoren, denn diese tritt gemeinhin in Begleitung männlich-reifer Personen auf, die diesen Status nicht selten auch durch korrespondierende Haar- und Barttracht zu unterstreichen wissen. Zwar gebrach es mir zur damaligen Zeit noch an allen entsprechenden Voraussetzungen, was mir aber den Erwerb zumindest des Symbols um so dringlicher angeraten sein ließ. Stolz betrat ich also einen altehrwürdigen tabacchaio und nannte nach kurzer Zeit eine anmutig geschwungene Pfeife sowie entsprechendes und wohlduftendes Füllgut mein eigen, wiewohl ich bis zu diesem Tage noch kein einziges Mal dem Tabakgenuß gefrönt hatte.
Einige Zeit später nahte die Fastenzeit und ich überlegte als treuer Student der heiligen Theologie, der ich im Hauptfach nachging, mit welchem Fastenopfer ich denn dieses Jahr dem Herrn wohlgefällig erscheinen mochte. Ein Blick auf die geliebte Pfeife und der Entschluß stand fest: sechs Wochen wirst du daran keinen Zug mehr tun. Ein großes Opfer, waren doch Gebrauch und Genuß noch neu und daher von allergrößtem Reiz.
Der Aschermittwoch kam und ich tat die Pfeife ab und stürzte mich in Enthaltsamkeit. Jedoch hatte ich die vorangegangenen Wochen so sehr geraucht und gedampft, daß der plötzliche Entzug zu unerfreulichen Erscheinungen führte und ich überlegte, wie ich Abhilfe leisten könnte, ohne das mir selbst auferlegte Fastenopfer zu entwerten. Und so kam ich dazu, Zigaretten zu rauchen, ein Laster, dem ich mich bis dahin turmhoch überlegen gefühlt hatte, von dem ich aber meinte, es wäre geradeso noch hinnehmbar.
So wurde ich am Donnerstag nach Aschermittwoch – also heute - vor 20 Jahren zum gewöhnlichen Raucher und verqualmte seither eine Schachtel täglich und nicht selten auch noch mehr. Und hielt es so bis... ja, bis zum Silvestertag vor zwei Monaten. Denn da sagte ich mir: Es kann nicht sein, daß ein Mensch wie du, dem ein gewisses Maß an Intelligenz nicht abgesprochen werden kann, sich zum sklavischen Opfer des Tabaks machen läßt.
Und habe noch zur Stunde ganz einfach aufgehört zu rauchen.
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