Freitag, 29. Mai 2009
Reisebilanz

a entflieht man den Niederungen Germaniens und den kreuzlangweiligen Quisquilien um die entscheidungsunwillige Kanzlerin und einer Ministerriege, die sich schmollend über beinharte Amerikaner im GM-Opel-Deal ausweinen, anstatt selbst ordentlich und effizient zu verhandeln. Und trifft in Italien mit Signor Berlusconi auf den Erzeuger allgemeiner Aufregung über einen alternden Operettenbuffo, dessen sexualneurotische Zwangsfixierung auf Stammtischniveau nur noch von seinem Haß auf Andersdenkende übertroffen wird und dessen Verständnis von politischer Kultur und Gesetzestreue sich dieser Tage in der Aussage niederschlug, wer ein richtiger Gauner werden wolle, der solle Staatsanwalt, Verbrecher oder Journalist werden.



Da bleibt dem ob dieser Zustände Verzweifelnden nur die Flucht ins private Glück und die Pflege gänzlich unpolitischer und drum um so erfreulicherer Interessen. Und die lassen sich unter südlicher Sonne naturgemäß in unvergleichlich reichhaltigerer Weise ausleben und befriedigen als das hierzulande möglich wäre. Natürlich ist es nicht so, daß etwa Italien das Paradies sei oder sich auch nur in eine entsprechende Richtung entwickeln würde. Dafür sind die Zustände immer noch oder immer mehr von Korruption geprägt, werden die demokratischen Institutionen allmählich unterminiert und geschleift und ist die Kriminalität allgegenwärtiger Bestandteil des täglichen Lebens. Aber vielleicht bedarf es auch dieser Kontraste, weil nur sie den Blick aufs Wesentliche zu schärfen vermögen und das Bewußtsein um das, das gefährdet ist.



Was ist dagegen schon der Erwerb des einen Kunstgegenstandes oder der anderen Leckerei, selbst wenn dergleichen durchaus auch ökonomischen Mehrwert birgt und insofern den glücklich in Genüssen Schwelgenden am Ende doch wieder am Kreislauf der Bedeutsamkeiten teilnehmen läßt.

Die reine, einfache Freude aber überwiegt. Und bleibt.




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Schönes Reisefazit. Qualitativ ist es um unser politisches System allerdings kaum besser gestellt. Höchstens quantitativ. Wie dem auch sei: Willkommen zurück! Freu mich schon auf deine nächsten Beiträge.

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Nun ja. Man muß schon feststellen, daß Signor Berlusconi in einer anderen Gewichtsklasse der Kriminalität spielt als unsere mausgrauen Politdilettanten hierzulande. Nicht einmal Gerhard Schröder brächte da genügend Kampfgewicht mit. Und der ist ohnehin im Retiro.

Dieser Themenbereich wird bei uns von denen wesentlich effizienter beackert, die auch sonst schon längst den Primat der Politik abgeschafft haben. Emporkömmlinge, smarte Neoliberalalas, Parvenues. Wie das eben so aussieht, wenn man sein Glaubensbekenntnis auf der Registrierkasse tippt.

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"Nun ja. Man muß schon feststellen, daß Signor Berlusconi in einer anderen Gewichtsklasse der Kriminalität spielt als unsere mausgrauen Politdilettanten hierzulande."

Daher "quantitativ". Aber du hast natürlich recht und die Metapher "wenn man sein Glaubensbekenntnis auf der Registrierkasse tippt" ist preisverdächtig! ;)

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Das ist der gute Fußballklub in Rom. Der andere ist ideologisch etwas, naja, sehr faschistisch.

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Na, aber sicher! Mit den braven, angepaßten Jüngelchen von den Laziali hab' ich nix am Hut, AS Roma und sonst gar nichts.

Ich gestehe ja zu, daß ich einem erneuten Anfall von kleinkindhafter Begeisterung nicht widerstehen konnte und unter anderem dieses kleidungsstückgewordene Zeugnis der Vereinspräferenz erworben habe. Ich bin da die letzten vier oder fünf Besuche immer drumrumgeschlichen und jetzt ist es passiert. Ganz sicher nicht von kulturellem oder ästhetischen Wert, aber ungeheuer befriedigend :o)

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Ich gestehe an dieser Stelle: Livorno, in dem Fall. Aber das ist nicht so weit weg von der Roma....

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