ie Vernichtung des Historischen Archivs der Stadt Köln, des größten und wertvollsten nördlich der Alpen: Was den Landsknechten im Dreißigjährigen Krieg nicht gelungen ist, nicht der napoleonischen Besatzung, nicht einmal den mehr als 250 Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg, das haben die Kölner Verkehrsbetriebe geschafft.
Ein unfaßlicher Verlust. Wenn ich daran denke, wie ich während meines Studiums im Archiv die mittelalterlichen Schreinsbücher einsehen konnte, die nun wohl sämtlich zerstört sind, bin ich doppelt froh darum, das alles noch gesehen und berührt zu haben.
So habe ich das letzte Mal gefühlt, als ich 1997 vom Erdbeben in Assisi, den vier Todesopfern und der Zerstörung der Giotto- und Cimabue-Fresken hörte, die mir während mehrerer Besuche in der Stadt ans Herz gewachsen waren.
Für uns Kölner markiert dieser Einsturz nur einen weiteren Tiefpunkt in der unsäglichen und gefühlt niemals enden wollenden Geschichte vom Kölner U-Bahn-Bau, der ganze Stadtviertel über Jahre in dreck- und lärmzerwühlte Baustellen verwandelt, zahllose Einzelhändler in die Pleite treibt und mittlerweile in guter kölscher Tradition mit gut einer Milliarde Euro bald das Doppelte der ursprünglich veranschlagten Summe kosten wird. Und nicht das unwichtigste Detail am Rande: der ehemalige Archiv-Abteilungsleiter, der schon vor einem Jahr auf Risse im Kellerfundament hingeweisen hatte, ohne daß die zuständigen Stellen in der Stadtverwaltung sich deshalb zu besonderen Schritten bemüßigt gefühlt hätten. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte sich der Gebäudesturz nur eine Woche früher ereignet, als sich der Rosenmontagszug durch die Stadt und auch die Severinstraße feierte.
Im Grunde führt die Domstadt eine 1945 begonnene Bautradition fort, die Kunstgeschichtler mit Blick auf die Zerstörung gewachsener Baustrukturen schon seit langem mit der Faustregel "zwei Fünftel Krieg, drei Fünftel Wirtschaftswunder" zu umschreiben pflegen.
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