Montag, 14. April 2008
Ach, mein Italien...

Vor vielen Jahren fragte ich einen Freund, der aus Bayern stammt, warum um Himmels willen die Bayern, die ja auch nicht doofer als die Leute anderswo sind, Jahr ums Jahr einem Haufen korrupter Provinzpolitiker ihre Stimmenmehrheit geben würden. Kein Skandal konnte groß genug sein, als daß dessen Protagonist nicht wieder als Amtsträger ins Amt gehievt wurde. Der bekannteste Fall war der des inzwischen längst dahingegangenen Franz Joseph Strauß höchstselbst. "Naja", meinte damals mein Freund, "es ist eigentlich ganz einfach. Einer, der sich ordentlich bereichert hat, auch und gerade auf krummen Wegen, verdient sich unseren Respekt. Denn wir schätzen solche Schlitzohrigkeit und bewundern sie, weil wir selber auch gerne so wären. Und wir denken uns, der hat nicht nur gezeigt, daß er zum eigenen Vorteil wirtschaften kann und jetzt reich und satt ist, der kann das dann auch zum Wohle des Dorfes/der Stadt/des Landes tun. Und da er sich ja schon eine goldene Nase verdient hat, fällt dann mehr für uns ab." Und er lächelte ob meines ungläubigen Gesichtes.


Vaffanculo

So muß man sich wohl deuten, was gestern und heute in Italien geschieht. Berlusconi tut das, was viele Italiener nicht anders machen: dem Staat eine lange Nase drehen und sich ansonsten die Taschen vollmachen, daß die Schwarte knackt. Ansonsten schert man sich nicht groß um die Folgen. Immerhin, auf diese Weise hat das Land selbst einen Benito Mussolini vergleichsweise unbeschadet überstanden. Die einzige Merkwürdigkeit: So oft ich in Italien bin, ich treffe so gut wie nie jemanden, der zuzugeben bereit ist, Berlusconiwähler zu sein. Es ist den meisten Leuten peinlich, eher sie geben sogar zu, Gianfranco Finis Postfaschisten der Alleanza Nazionale zu wählen. Warum allerdings der politische Witzverein der Lega Nord mit ihrem Politclown Umberto Bossi ("Mit Gewehren gegen die Kanaillen in Rom!") an der Spitze wieder erfolgreich abschneiden, vermag ich auch bei aller Liebe zu Italien und selbst nach längerem Nachdenken nicht zu erklären.


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