Wenn ein älteres Stück Architektur oder anderes Zeugnis der bildenden Kunst zum Restaurator muß, erhebt sich immer die Frage, ob in späteren Zeiten hinzugefügte Zusätze wieder entfernt werden sollen. Meistens sehen die zuständigen Kuratoren und Kunsthistoriker von solch drastischen Maßnahmen ab. Sie argumentieren, solche Veränderungen würden zur Wirkungsgeschichte eines Kunstwerks gehören und eine noch spätere Epoche habe nicht das Recht, ihren Standpunkt absolut zu setzen und auf dieser Grundlage in den Bestand des Werkes irreversibel einzugreifen.
Von diesem schönen, weil bescheidenen Gedanken scheint der Senat der Universität Greifswald nicht berührt worden zu sein. Gestern sprach das Gremium der bis dato mit dem Namenszusatz "Ernst-Moritz-Arndt" versehenen Uni die damnatio memoriae über den Dichter aus. Er sei ein arger Nationalist gewesen und tauge daher nicht für einen "weltoffenen Universitätsgedanken".
Daß Arndt ein Kind seiner Zeit war und seinen dichterischen Zorn nach Besatzungserfahrungen mit napoleonische Truppen entflammen ließ - wen interessiert das noch? Jedenfalls nicht die Greifswalder Tugendbolde, die sich im Besitze der alleinseligmachenden Wahrheit wähnen.