Montag, 22. März 2010
Säcke, Esel, Werbung und der Tod

Als ich vor 25 Jahren nach Italien ging, mußte ich mich am Anfang erst einmal hinsetzen und die Sprache büffeln. Für einen teueren Sprachkurs à la "Berlitz" oder "Dante Alighieri" fehlte mir armem Studenten damals das Geld, also verbrachte ich viel Zeit vor dem Radio und dem Fernseher. Und eignete mir so das Gefühl für Wortgrenzen, die Sprachmelodie an, bevor ich mich auf die Straße traute, um das Neuerworbene auszuprobieren.



Was mir den TV-Konsum sehr erleichterte, war die Werbung, die seinerzeit in der Glotze lief. Die meisten Spots waren witzig, spielten mit dem Zuschauer und seiner Phantasie. Nur die Waschmittelreklame war seltsamerweise schon damals genauso Klementine-langweilig wie hierzulande. Wichtig aber blieb der Eindruck, dass man damals Reklame ganz gern ansah, weil sie sich nicht in dröger Push-Werbung erschöpfte.



Und genau darum ist Werbung heute zumeist so verhaßt, auch im Internet. Ob bunte Blinkie-Banner (schlimm), nervende Layer-Ads (schlimmer), sie werden von den meisten Surfern als nervtötende Zumutung empfunden. Weshalb die Verwendung von Adblockern aus reiner Notwehr geschieht. Dabei ist es nicht so, daß Konsumenten grundsätzlich werbefeindlich eingestellt sind. Sie muß eben nur witzig sein, überraschen oder einfach nur schön sein. Nicht von ungefähr erfreuen sich die jährlich in der Cannes-Rolle gesammelte Werbeclips nicht nur beim Fachpublikum großen Zuspruchs. Im Internet quellen Videoplattformen wie Youtube über von genialen Clips und viralen Werbestreifen, die aber leider zumeist aus dem Ausland sind.



Wenn also die Werbemüdigkeit besonders der deutschen Surfer beklagt wird wie heute auf Spon, dann wird hier Sack gehauen, obwohl der Esel gemeint sein sollte. Der Esel, das sind die Werbeagenturen und ihre Auftraggeber, die zumeist lahme, lust- und inspirationslose Reklame produzieren, um sie anschließend bei den Onlineauftritten der Zeitungen abzukippen. Doch auch die Verlage bleiben hinter ihren Möglichkeiten zurück. Warum fördern und fordern sie nicht neue Wege, was zum Beispiele interaktive Werbeflächen? Warum gibt es nicht endlich gute Werbung, die nicht Augenkrebs erzeugt, sondern im besten Sinn des Wortes Unterhaltung ist?



Solange der Rückzug hinter Bezahlschranken nicht funktioniert und die Löhnung für einzelne Artikel via Micropayment auch nicht, weil das Procedere ein bürokratischer Alptraum ist anstatt endlich ein 1-Klick-Bezahlsystem einzuführen, müssen Leser und Verlage gleichzeitig den Werbefritzen aufs Dach steigen. Sonst riskieren die Esel die Zukunft der gesamten Branche.



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