Freitag, 5. März 2010
Finis

Ließ sich am Ende nicht mehr vermeiden, dieser Schritt:



CDU Kreisverband Köln
Große Budengasse 10
50667 Köln


Sehr geehrte Damen und Herren,

mit vorliegendem Schreiben zeige ich Ihnen meinen Austritt aus der Christlich Demokratischen Union an.

Obzwar ich nicht glaube, daß die Ausführungen eines einfachen Mitgliedes bei Ihnen auf besonderes Interesse stoßen werden, möchte ich meinen Schritt der guten Ordnung halber kurz erläutern.

Der schleichende Prozeß der Distanzierung aufgrund der Ereignisse in Bund, NRW und der Stadt Köln hat für mich zuletzt einen unumkehrbaren Punkt erreicht. Ich bin vor Jahren bewußt in eine konservative Partei eingetreten. Ich verlasse nun eine zutiefst profillose, "keine konservative" (so unlängst Volker Kauder) Organisation, die sich die inhaltliche Farblosigkeit und Beliebigkeit der Vorsitzenden weithin zu eigen gemacht hat. Die sogenannte "Berliner Erklärung" legt von dieser Entwicklung beredtes Zeugnis ab, wenn sie die Prioritäten künftiger Parteiarbeit umreißt.

Man keilt FDP-Wähler, SPD-Wähler und Wähler der Grünen, in dieser Reihenfolge. Um die eigene, eigentliche Klientel kümmert man sich nicht, sie soll die neue Entwicklung lediglich akzeptieren. Und wenn gerade Zeit ist, bekommt sie die sogar gönnerhaft "erklärt".

Auf diesem Wege ist die CDU als Volkspartei zwar noch nicht auf der Intensivstation wie die entkernte SPD angekommen, aber sie befindet sich auf dem Weg ins Krankenhaus. Sie ist nach vier Jahren Merkel fast schon da, wo sie nach 16 Jahren Kohl war: ein Kanzlerwahlverein - inhaltslos, geistig lahmgelegt und innerparteilich tot. Sie hat ihre Wurzeln verloren, bietet keine Zukunftsorientierung und hat keinen Plan für die Gesellschaft von morgen. Die Partei ist hinter und unter Merkel fast spurlos verschwunden. Die CDU diskutiert nicht mehr, von ihr geht weder Strahlkraft noch Faszination aus.

Dazu bildet das Auftreten der Berliner Koalition mit der unsäglichen FDP unter der Führung ihres unsäglichen Herrn Westerwelle nur die folgerichtige Konsequenz. Allein mit Blick auf die marode Infrastruktur im Bildungsbereich und die Merkelsche Floskel der sog. "Bildungsrepublik Deutschland" offenbart das Regierungsmantra über Steuersenkungen ein Ausmaß an Dilettantismus und unverfrorener Klientelpolitk, das fassungslos macht. So erweisen sich die Akteure der christliberalen Regierung inzwischen in einem Maße als unseriös, das selbst gelernte Zyniker erschüttert.

Wenn nichts Außerordentliches mehr geschieht, wird Angela Merkel der Union dasselbe antun, was Gerhard Schröder mit der SPD veranstaltet hat. Und wenn man bedenkt, daß der Hauptteil der Unionswähler aus der Traditionskompanie Ü60 besteht und bei Jungwählern nur noch in homöopathischen Dosierungen anzutreffen ist, sehen schon die mittelfristigen Perspektiven höchst unerfreulich aus.

Die Vorgänge in Land und Kommune stimmen ebenfalls nicht froh. Hier wie dort geht Partei- bzw. Koalitionsraison dem Wohl von Land und Stadt voraus. Daß von ihren Ämtern offensichtlich überforderte und der Öffentlichkeit nicht mehr vermittelbare Politiker wie van Dinther, Müller-Piepenkötter oder Sommer gehalten werden - et pereat mundus - ist selbst angesichts nahender Landtagswahlen genauso unverständlich wie der konsequent verweigerte Beitrag zur Aufklärung der Ereignisse um den Kölner Archiveinsturz.

Das Faß endgültig zum Überlaufen haben für mich die jüngsten Erklärungen des CDU-Fraktionschefs im Kölner Rat Winrich Granitzka gebracht, der bis zuletzt den schon lange unhaltbar gewordenen, u.a. für das Desaster um den U-Bahn-Bau politisch mitverantwortlichen KVB-Vorstand Reinarz stützte. Auch hier geht erkennbar Parteiraison vor Aufklärung, Transparenz und mutiger Übernahme von Verantwortung. Ein Jahr nach dem Archiveinsturz mit zwei Toten und unwiederbringlichen Verlusten für das Gedächtnis der Stadt scheint die Kölner Union noch immer nicht begriffen zu haben, was Gebot der Stunde ist.


Ich bitte um schriftliche Bestätigung der Beendigung meiner Parteimitgliedschaft.


Hochachtungsvoll



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